POET NR. 11 INHALT COVER ORDERN ET CETERA

  Walter Fabian Schmid

Literatur und Zeit

»Der herrschende Zeittakt ist wahrlich ein hektischer«, stellt Kathrin Röggla in ihrem Gespräch mit Johanna Hemkentokrax fest, und stichelt damit gleich ins breitbekannte Gesellschaftsgewinsel. In den Gesprächen in poet nr. 11 geht es aber nicht darum, sich in einen klagenden Wohlfühlkonsens über die Zeit und die nichtvorhandene Zeit zu kuscheln. Die Interviewer interessierte ein unbefangener Zusammenhang zwischen Zeit, Literatur und ihren Autoren. Und dazu zählt nicht nur die individuelle Zeiterfahrung der Autoren, sondern auch, wie sie mit der Zeit in ihren Texten umgehen.

Wenn die äußere Zeittaktung, wie Kathrin Röggla feststellt, eine schnellere geworden ist, muss dann nicht die Literatur, die viel mit Musik und Tanz zu tun hat, auch schneller werden? Die Lyrikerin ­Martina Hefter jedenfalls macht sich schon mal Gedanken, die zeitliche Taktung von Tanz und Literatur zu überlagern und zu synchronisieren. Gegen das allgegenwärtige Zeitmangellamento empfindet sie zeitliche Enge als etwas, das ihr Freiheit spendet, weil das Leben als verdichteter Prozess einfach auf- und anregender ist.

Teilt man die legere Haltung von Henning Ahrens, dann hängt Zeitmangel ganz plump gesagt eh nur davon ab, »wie der Einzelne mit seiner Zeit umgeht.« Wann Ahrens selbst Zeit findet zum Schreiben, kommt auch darauf an, wie ihn sein Brotjob, das Übersetzen vereinnahmt. Auftragsarbeiten sind aber meistens ziemlich schnell erledigt. Zumindest bei Markus Orths, den der Gebrauchstext keine Mühe kostet. Der literarische Text hingegen ist für ihn immer ein Neuanfang, da gibt es selbst mit der Zeit keine Souveränität und keine festen Baupläne.

Für Michael Stavaric gibt es nicht einmal feste Schreibzeiten. Der Schriftsteller schreibt eigentlich immer und bringt dann irgendwann aus sich heraus etwas zu Papier. Sollten dabei Gedichte entstehen, dann produziert der Schriftsteller sogar noch Zeit. Zumindest wenn es nach Kurt Drawert geht, der sich innerhalb des Interviews essayistisch mit Zeit auseinandersetzt und sein Literaturverständnis durchdenkt.

Geprägt von der Zeitgeschichte fühlt sich jeder der Interviewten, und der ein oder andere prägt sie mit Freuden zurück oder eben nicht. Wie es bei den einzelnen Gesprächspartnern konkret aussieht und wie sich das auf ihre Literatur auswirkt, das kann auf den folgenden Seiten nachgelesen werden.

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Gespräche mit Kurt Drawert, Kathrin Röggla, Martina Hefter, Markus Orths, Michael Stavarič und Henning Ahrens
 
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